Sonntag, 5. Juli 2015

"Aber wer unsere Demokratie liebt, der muss auch die Öffentlich-Rechtlichen lieben"

Ups, es gibt sie doch noch, die Werbung für die öffentlich-rechtliche Zwangsbeglückung und ich dachte schon, in Anbetracht der sinkendenden Verkaufszahlen hätten die Leitmedien von Bild bis FAZ, längst ganz konformistisch in den Abgesang auf ARD und ZDF mit eingestimmt.

Doch jetzt setzt eine Journalistin für das Springer-Prestigeblatt Welt am Sonntag: "So veraltet, so starr, so geil" zum Rundumschlag an, mit der Mär, dass Kritik am Rundfunkbeitrag gleichzustellen sei mit einer Abkehr von der Demokratie. Wow. Harte Worte.

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Der "Protest gegen den Rundfunkbeitrag, der in letzter Konsequenz auf eine Abschaffung der Öffentlich-Rechtlichen hinausläuft, wird eher für die Gesellschaft als für den Beitragsservice zum Problem. Denn es ist ein Stellvertreterprotest, in dem sich eine Abkehr von Politik und Gemeinschaft ausdrückt" schreibt die Autorin Laura Ewert und begründet dies damit, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk einstmals der gemeinsame Nenner für die politische Meinungsbidlung gewesen wäre, "etwas typisch Deutsches" und damit würde er als greifbare Verkörperung der Politik dienen, mit dessen Ablehnung sehr leicht, ein "allgemeines Unbehagen an Staat, System und Medien ausgedrückt" werden könne. Sie stellt damit die These auf, Fernsehen bedeute Teilnahme an Politik und Gesellschaft. Kritik an einer Zwangtsteilnahme am öffentlich-rechtlichen Rundfunk, drücke hingegen Politikverdrossenheit aus.

Positiv an Frau Ewers Schelte ist immerhin, dass sie die Kritiker nicht pauschal in die rechte Ecke stellt. Zwar erwähnt sie ausdrücklich, dass schließlich auch die NPD mit einer Abschaffung des Rundfunkbeitrags werben würde, sie ist jedoch fair genug einzugestehen, dass der Rundfunkbeitragskritiker Schwallich Unterstützung von "Künstlern, Journalisten, Arbeitslosen, Friseuren, Filmschaffenden, Linken und Rechten" erfährt, das unterscheidet Frau Ewert angenehm von anderen "Hau den Rundfunkbeitragskritiker"-Journalisten.

Substantiell kann sie leider nicht allzuviele Argumente anführen. Ein bisschen Polemik gegen Menschen ohne Fernseher und das war es schon. Weswegen sie sich so vehemt für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einsetzt, bleibt unklar. Ist das Funktionieren einer Demokratie wirklich an den Fernsehkonsum gekoppelt? Ich meine, wenn es wirklich so wäre, stünde es schlecht um unsere Demokratie.

Auch wäre die Frage, ob bestimmte im Grundgesetz verbürgte Rechte, wie die Informationsfreiheit wirklich zugunsten des Monstrums eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgehebelt werden müssen?

Was Frau Ewert auch nicht klärt ist, warum man nicht einfach beim alten Modell geblieben ist? Kritiker schauten kein fern und lasen lieber Bücher und Zeitungen, während Fernsehzombies ihr Leben vor der Flimmerkiste verbrachten. Warum mussten alle gleichgeschaltet werden, alle Bürger zum Rundfunkbeitragszahler "degeneriert" werden?

Völlig unhaltbar ist jedoch insbesondere ihre Behauptung, Kritik am Rundfunkbeitrag bedeute Ausstieg aus der politischen Teilnahme. Ganz im Gegenteil ist es in einer gesunden Demokratie relativ normal, dass nicht alle einer Meinung sind, Frau Ewert! Protest gegen den Rundfunkbeitrag ist Teil der Gesellschaft und Teil der politischen Auseinandersetzung. Warum denn nicht? Wer gegen den Rundfunkbeitrag protestiert, kapselt sich doch nicht ab, ganz im Gegenteil, er kämpft für sein gutes Recht, selbst zu bestimmen, welche Medien er nutzen möchte, welche Medien er finanzieren möchte und welche nicht. So ist das, Frau Ewert!

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