Ich habe mich daher entschlossen, einen offenen Brief an Frau Fortunato zu schreiben.
Wer Frau Fortunato ebenfalls direkt schreiben möchte, findet ihre Kontaktdaten hier.
Der offene Brief:
XXX
Bettina
Fortunato
XXX
XXX, 29.06.2014
Offener Brief zur abgelehnten Petition
3881/5, mit der Forderung nach Rundfunkgebührenbefreiung für Bürger mit einem
Einkommen unter dem von Hartz-IV-Empfängern sowie von Bürgern, die aus
Gewissensgründen die Rundfunkteilnahme ablehnen, mit einigen Fragen
Sehr geehrte
Frau Fortunato,
„In diesem
Leben ist jeder mutig, der nicht aufgibt“, zitieren Sie Paul McCartney auf
Ihrer Webseite und bekennen sich zum Slogan „100% SOZIAL“.
Das hört
sich sehr gut an. Auch ich bin ein Mensch, der nicht aufgibt und auch mir ist
eine wirklich soziale Gesellschaft sehr wichtig.
Nun habe ich
jedoch das von Ihnen unterschriebene Ablehnungsschreiben zu meiner Petition
erhalten und bin sehr erstaunt! Denn eine der Kernforderung meiner Petition war,
dass auch Bürger, die praktisch keine Sozialleistungen beziehen können, zum
Beispiel weil sie selbständig sind oder weil sie studieren, von der Zahlung der
Rundfunkgebühren befreit werden sollten, wenn ihr Einkommen unter dem Hartz-IV
Satz liegt und diese auf die Nutzung des Rundfunkangebots verzichten.
Hierauf sind
Sie in Ihrer Ablehnungsbegründung überhaupt nicht eingegangen sondern schreiben
ganz pauschal:
„Sie regen in Ihrer Petition an, dass
bestimmte Personenkreise, die auf die Nutzung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks verzichten, von der Beitragspflicht befreit werden sollten. Eine
derartige Regelung hätte zur Folge, dass dieser Verzicht durch auf die
Rundfunknutzung dann auch überprüft werden müsste. Eines der wesentlichen Ziele
des neuen Beitragsmodells ist es allerdings, den bürokratischen Aufwand
abzubauen […]“
Was konkret
heißt, die Rundfunksender sparen sich Arbeit zuungunsten von Geringverdienern. Wie
verträgt sich Ihre Aussage mit dem Slogan „100% SOZIAL“?
Auch frage
ich mich, für was brauchen wir in Deutschland eine für jeden Bürger
verbindliche Rundfunkteilnahme?
Kennen Sie
das Buch „Postdemokratie“ von Colin Crouch? Viele
seiner Thesen sind sicherlich diskussionswürdig und entsprechen nicht dem, was
ich denke, aber in einigen Punkten hat er durchaus Recht, oder nicht?
So
charakterisiert er die typische Postdemokratie als „ein Gemeinwesen, in dem
zwar nach wie vor Wahlen abgehalten werden [...], in dem allerdings
konkurrierende Teams professioneller PR-Experten die öffentliche Debatte
während der Wahlkämpfe so stark kontrollieren, daß
sie zu einem reinen Spektakel verkommt, bei dem man nur über eine Reihe von
Problemen diskutiert, die die Experten zuvor ausgewählt haben.“
Kommt Ihnen
dies nicht erstaunlich vertraut vor? Schauen Sie sich doch einmal eine „politische
Talkshow“ der öffentlich-rechtlichen Sender an. Was für Themen werden dort
besprochen? Die Themen der Bürger oder die Themen der PR-Strategen in
Abstimmung mit den wirtschaftlichen und politischen Eliten?
Und beschreibt
Colin nicht haargenau den Zustand unserer Gesellschaft, wenn er meint, dass
sich unter den Bürgern, bezogen auf die politischen Debatten „Langeweile,
Frustration und Desillusionierung breitgemacht haben; in denen Repräsentanten
mächtiger Interessengruppen [...] weit aktiver sind als die Mehrheit der Bürger
[...]; in denen politische Eliten gelernt haben, die Forderungen der Menschen
zu manipulieren; in denen man die Bürger durch Werbekampagnen »von oben« dazu
überreden muß, überhaupt zu Wahl zu gehen“?
Und leistet
der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht einen wesentlichen Beitrag dazu, dem
Bürger die Freude am politischen Debattieren zu vermiesen, da durch ihn die
wirtschaftlichen und politischen Eliten die Berichterstattung derart lenken und
manipulieren, dass jeglicher offener Diskurs schon im Keim erstickt wird?
Nun hat der
Bürger aber keinerlei Chance mehr, seinem Unbehagen über diese
„Berichterstattung“ durch die Nichtteilnahme am öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Ausdruck zu verleihen. Er wird gezwungen, Rundfunkgebühren zu zahlen, ganz
gleich in welche Richtung manipuliert wird. Orwell lässt grüßen.
Über eine
Antwort würde ich mich sehr freuen.
Dieses
Schreiben wurde freundlicherweise veröffentlicht unter:
http://presse-und-informationsfreiheit.blogspot.com/2014/06/offener-brief-die-vorsitzende-des.html
Gerne wird
Herr XXX Ihre Antwort dort ebenfalls der
Öffentlichkeit zugänglich machen.
Mit
freundlichen Grüßen
Hier das Ablehnungsschreiben des Petitionsausschusses: